Kurznews: Göppingen - Neuer Chefarzt für Gerontopsychiatrie am Christophsbad setzt auf Aktivität zur Prävention

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Göppingen - Neuer Chefarzt für Gerontopsychiatrie am Christophsbad setzt auf Aktivität zur Prävention

20.09.2019 10:11 Uhr

Pressemitteilung Christophsbad; Dr.Ute Kühlmann:

Neuer Chefarzt der Klinik für Gerontopsychiatrie setzt auf Aktivität zur Prävention

Göppingen: Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind aktuell weltweit rund 50 Millionen Menschen an Demenz erkrankt. Jedes Jahr kommen fast zehn Millionen neue Fälle dazu. Die Gesamtzahl der Menschen mit Demenz wird auf 82 Millionen im Jahr 2030 geschätzt. Wirksame Medikamente zur Heilung einer Demenz sind derzeit nicht in Sicht, umso wichtiger ist eine bestmögliche Prävention. Anlässlich des Welt-Alzheimertages unter dem Motto „Demenz: Einander offen begegnen“ stellt der neue Chefarzt der Klinik für Gerontopsychiatrie, Dr. med. Karsten Henkel, die neue Leitlinie der WHO zur Demenzprävention vor.

Vor zwei Jahren hat die WHO auf der Weltgesundheitskonferenz einen Aktionsplan vereinbart, um auf die drohende „Demenzepidemie“ zu reagieren. Ein Bestandteil der 2019 veröffentlichten Leitlinie ist die Demenzprävention. Im Interview veranschaulicht Dr. Henkel, Chefarzt der Klinik für Gerontopsychiatrie des Klinikums Christophsbad und Leiter des Referats Sportpsychiatrie und -psychotherapie der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, die aktuelle Leitlinie sowie den gezielten Einsatz von körperlichem Training.

„Es ist ideal, dass wir mit Herrn Chefarzt Dr. Henkel, seinen Schwerpunkten und Zusatzqualifikationen in den Bereichen neurodegenerativer Erkrankungen und Sportpsychiatrie genau den Experten mit der richtigen Expertisenpalette für den stetig wachsenden Bedarf in der Gerontopsychiatrie, einschließlich der zunehmenden Zahl an Demenzkranken gewinnen konnten“, sagt Bernhard Wehde, Geschäftsführer (Sprecher) des Klinikums Christophsbad.

Herr Dr. Henkel, wie können wir uns vor Demenz im Alter schützen?
„Das Alter ist zwar der stärkste bekannte Risikofaktor für die kognitiven Einschränkungen, Demenz ist aber keine natürliche oder unvermeidliche Folge des Alterns. Neuere Studien zeigen deutlich einen Einfluss des Lebensstils auf Abbauprozesse im Gehirn. Zu diesen prinzipiell veränderbaren Risikofaktoren gehören ein inaktiver und sitzender Lebensstil, der Konsum von Tabak und übermäßigen Kalorien sowie schädlicher Alkoholkonsum. Außerdem sollten Diabetes, hoher Blutdruck und Fettstoffwechselstörungen gut ärztlich behandelt werden.“

Herr Dr. Henkel, welche Auswirkungen hat körperliche Aktivität auf die Leistung unseres Gehirns?
„Körperliche Aktivität führt auf verschiedenen Wegen zu einem positiven Einfluss auf das Gehirn und unsere Psyche. Biologische Prozesse betreffen unter anderem Veränderungen in der Konzentration von Botenstoffen wie Serotonin und Noradrenalin im Gehirn. Das Immunsystem und die Stresshormone werden günstig beeinflusst. Ein wichtiger Mechanismus ist die Ausschüttung von Nervenwachstumsfaktoren, die zu einer Nervenzellneubildung und -verknüpfung gerade in Regionen, die für Emotionen und Gedächtnisleistungen zuständig sind, führen kann. Auch immunmodulatorische Effekte spielen eine Rolle. Daneben sind aber auch Einflüsse auf die Blutversorgung des Gehirns, wie die Gefäßneubildung, und psychische Effekte körperlicher Aktivität von Bedeutung.“

Herr Dr. Henkel, welche Verbindung besteht zwischen Sport und Psychiatrie? Und welche Aktivitäten empfehlen Sie?
„Die Wirksamkeit von Sport ist bei bestimmten Formen von Angsterkrankungen und insbesondere bei der Therapie von Depressionen nachgewiesen und wird in aktuellen Leitlinien empfohlen. Selbst bei Psychosen wurde eine Wirksamkeit dargelegt. Bei der leichten kognitiven Störung wurden positive Effekte auf Gedächtnisfunktionen erzielt. Bei bereits eingesetzter dementieller Entwicklung kann eine Verbesserung der Alltagsfunktionen erreicht werden.
Die optimale Dosis ist wahrscheinlich individuell verschieden. Ein guter Anhaltspunkt sind die bestehenden WHO-Empfehlungen, wonach körperlich ausreichend gesunde Menschen, auch über 65 Jahren, mindestens 150 Minuten pro Woche moderat oder 75 Minuten intensiver trainieren sollten. Aber auch schon geringere Intensitäten haben Effekte. Als geeignet wird aerobes Ausdauertraining kombiniert mit Krafttraining oder ein Multikomponententraining erachtet.“

Herr Dr. Henkel, wie lassen sich die Empfehlungen in die Versorgung umsetzen und wie behandeln Sie an Demenz erkrankte Menschen im Klinikum Christophsbad?

„Bereits seit 2005 besteht am Christophsbad eine Gedächtnissprechstunde als ambulante Anlaufstelle für alle Patienten ab dem 40. Lebensjahr, bei denen subjektive oder von Angehörigen bemerkte Gedächtnisstörungen bestehen. Hier finden eine spezialisierte Diagnostik und Behandlung statt. Daneben haben wir 77 stationäre Planbetten für stärker Betroffene in der Klinik. Wir wissen, dass die meisten psychischen Erkrankungen durch mehrere Faktoren ausgelöst werden und somit multimodale Therapieansätze erfordern. Neben medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung sollte daher u.a. auch das therapeutische und präventive Potential körperlichen Trainings ausgeschöpft werden. Hierzu kommen unter anderem Ergometer aber auch Sport- und Physiotherapie oder Wandern zum Einsatz. Im ambulanten Bereich bietet sich auch der Einsatz von Rehasport an. Neben biologischen Behandlungsverfahren spielen auch milieutherapeutische Ansätze eine zunehmende Rolle. Wir sind sehr daran interessiert, integrative Konzepte weiterzuentwickeln, die zum Beispiel auch die Verknüpfung von psychotherapeutischen Interventionen und körperlicher Aktivität zum Inhalt haben.“

(Foto: Christophsbad GmbH & Ca. Fachkrankenhaus KG)


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